«O’Zapft is!»

Text von Jessica Wirth
Bilder von Jessica Wirth

Die Zeit der Oktoberfeste beginnt: Obatzter, Weisswürstl und Hendl, Dirndl oder Lederhosen, bayrische Blasmusik und Wiesn-Hits. Ob in München, Luzern oder anderswo, es sind die Zutaten für fröhliche Feste. Und eine darf erst recht nicht fehlen: das Bier.

Um auf den Spuren des goldigen Trankes zu wandeln, müssen wir 5000 Jahre zurückreisen: Damals brauten die Sumerer in Mesopotamien das erste Bier. Kurz darauf erliess der König in Babylonien bereits Gesetze für das Brau- und Gaststättengewerbe, um Handwerk und Preis zu regeln. Sollte das Bier etwas wässrig geraten sein, war für den Braumeister «der Tod durch Ersäufen im eigenen Gebräu» vorgesehen. Diese brachialen Zeiten sind längst vorbei. Das Bier ist geblieben. Heute trinken Herr und Frau Schweizer im Durchschnitt 55 Liter im Jahr, in Deutschland sind es sogar 110 Liter. Ein Ort, wo Bier seit jeher zelebriert wird, ist das Oktoberfest in München. Was 1810 als Hochzeitsfeier des Königs begann, entwickelte sich im Laufe der Jahrhunderte zum grössten Volksfest der Welt mit rund sechs Millionen Besucherinnen und Besuchern. Nicht nur in Bayern freut man sich auf diese Zeit, sondern auch in Luzern: Im authentisch dekorierten Festzelt wird geschunkelt, Weisswürstl gezuzelt und, wie könnte es anders sein, Bier getrunken. Jenes stammt aus der Region – mit Münchner Wurzeln.

    Alois gmür brauerei einsiedeln 2 tavolago ag beilage
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Familienbande

Die Brauerei Rosengarten in Einsiedeln blickt auf eine lange Geschichte zurück: 1872 erscheint das sogenannte «Sudwerk» zum ersten Mal in den Akten. Um 1900 brach Braumeister Franz Lindinger aus München in die Schweiz auf, wo er nicht nur die Liebe, sondern auch die Brauerei Rosengarten fand. 1925 traf der frühe Tod von Franz die Familie hart. Seine Frau Katharina entschloss sich dennoch, den Betrieb weiter zu führen, alleine mit 4 Kindern. Eines davon war die Grossmutter von Alois Gmür, dem ich heute gegenübersitze. Jener erinnert sich: «Ich und meine vier Geschwister sind in der Brauerei aufgewachsen. Neben Ostern, wo wir die Nester im grossen Fabrikgebäude versteckten, waren die Kundenbesuche ein Highlight: Da assen wir mit der ganzen Familie im Restaurant.» Das Bier liess Alois nicht mehr los: Nach der Lehre im elterlichen Betrieb machte er seinen Braumeister in Ulm.

«Ich und meine vier Geschwister sind in der Brauerei aufgewachsen.»
Alois Gmür

Das «Maisgold», welches Gmür 1979 als Abschlussarbeit braute, ist nach wie vor sehr beliebt: «Neben den Klassikern, unserem Lager und dem Maisgold, haben wir im Laufe der Jahre andere Sorten entwickelt, das «Muotataler Wildiheubier» zum Beispiel oder eines aus Dinkel in Bioqualität. Jene Kombination aus Tradition und Innovation ist einer der Gründe, dass wir als einzige von 11 Brauereien im Kanton Schwyz überlebt haben.»

Feierlaune

Für die Tavolago steckten die Gebrüder Gmür, welche heute gemeinsam den Betrieb führen, die Köpfe 2011 zusammen: Das hauseigene «Urbräu» sollte erfrischen und sowohl mit mildem als auch mit herbem Geschmack abgerundet sein. Alois erinnert sich: «Damals tüftelten wir an verschiedenen Rezepturen. Nach der Degustation war schnell klar, für welche Variante sich die Tavolago entscheidet. Seitdem ist die Zusammenarbeit stetig gewachsen". Im Jahr 2011 lieferten sie zum ersten Mal ihr eigenes offenes Bier, das Lager und das Weizen, ans Lozärner Oktoberfest.

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Mit dem Original in München verbindet Gmür eine jahrelange Liebe und Leidenschaft. Schon als kleiner Bub besuchte er seine bayrischen Verwandten und tauchte früh in deren Kultur ein. Jahr für Jahr verbringt er einige Tage auf «den Wiesn» und brachte bereits lustige Anekdoten mit nach Hause: «Damals, als junger Braumeister, sagte man mir, dass das bayrische Bier weniger Alkohol habe als unseres. Ich wusste, wie viel ich normalerweise vertrage, und stellte mich darauf ein. Bereits nach dem ersten Liter war mir jedoch klar: Da stimmt etwas nicht. Bald klärten mich meine Kameraden auf, das Bier war hochprozentiger als bei uns. So endete der Abend etwas feucht fröhlicher als geplant.» Dass in Luzern nun das eigene Lager oder Weizen in die Humpen fliesst, freut den leidenschaftlichen Oktoberfest-Liebhaber besonders. Auch Gmür wird sich dort einige Mass gönnen, wenn es wieder heissen wird: «O’Zapft is!».

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