Die Stimmen der Schwestern hallen von den steilen Felswänden wieder. Glockengebimmel. Die Alplämmer biegen um’s steinige Eck. Sie wissen: es wartet «Gläck». Und die eine oder andere Streicheleinheit. Mensch und Tier kennen sich gut. Sie sind Teil des selben beständigen Kreislaufs der Natur. Seit Jahrzehnten.
Früh morgens in Wassen: Die Berge werfen lange Schatten auf die eng geschwungene Strasse. Ich bin mit den Schwestern Regula und Iris Baumann verabredet, gemeinsam werden wir zur Göschneralp fahren. Eine halbe Stunde später halten wir neben dem grossen Stausee. Einige Fischer hoffen auf den morgendlichen Fang, die letzten Nebelschwaden weichen der Sonne. Wir marschieren los, nach oben auf die Alp. Dort warten 200 Schafe.
Mindestens einmal pro Woche machen sie sich auf den Weg um die Tiere, welche den Sommer zwischen Gletscher und steilen Felshängen verbringen, zu «hirten». Als ich mein Interesse bekundete, die Alplämmer für die Tavolago zu besuchen, stand eine Frage im Raum: Bist du gut zu Fuss? Selbstverständlich - war meine überraschte Antwort. Ich kann wandern. Nun wird mir langsam klar, warum jene Frage so wichtig ist. Eine Stunde lang laufen wir auf schmalen Wegen, im zügigen Tempo. Schon als Kinder haben die Schwestern ihren Vater zu den Schafen begleitet, sie kennen jeden Stein. Auf der Alp angekommen, verlassen wir die Wege. Klettern über Felsbrocken, abschüssige Kreten entlang, wie Bergggeissen oder Alplämmer. Beeindruckt blicke ich zu den beiden Frauen, die behände den Berg hoch sprinten.