Über die Liebe

Text von Jessica Wirth
Bilder von Jessica Wirth

An einem garstigen Samstagmorgen klären wir bei Croissant, Lachs und Prosecco nicht nur rhetorische Fragen. Wir diskutieren darüber, wie Liebe funktioniert. Denn Glück ist möglich.

Die Gaststube brummt wie ein Bienenhaus. Flink werden Speisen von der offenen Küche zu den Tischen getragen, wo sie bereits sehnsüchtig erwartet werden. Auch mein Magen knurrt, ich bin zu Kaffee und Croissant verabredet. Mit einem dampfenden Cappuccino in der Hand warte ich auf der etwas ruhigeren Galerie auf Vera und Dani. Das Paar wird sein Hochzeitsfest im «Tisch und Bar» in Holzhäusern feiern und ich möchte wissen, warum. Eine wohl überflüssige Frage, denn die einladende Location mit der hübschen Dekoration scheint prädestiniert für Feste. Im nächsten Jahr sei das Lokal bereits 40 Mal gebucht worden. Ganz schön oft.

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Sie kommen und setzen sich mit Latte macchiato und einer heissen Schokolade ausgestattet zu mir. Der Netzingenieur und die Event Managerin sind seit fünfeinhalb Jahren ein Paar. Ihre Geschichte beginnt ebenfalls an einem Samstag, nicht weit von hier, jedoch einige Stunden und ein paar Promille später: Vera trifft zufällig auf eine Freundin, die mit ihren Kollegen, zu welchen auch Dani gehört, unterwegs ist. Er ist einer der Fahrer der Gruppe und nippt an einem Softdrink. Ausserdem beobachtet er seinen Freund, der mit weit ausschweifenden Schritten die Tanzfläche erobert. Noch einen Drink mehr und er wird ihn wohl oder übel nach Hause fahren müssen. Ahnungslos verwickelt Vera den nüchternen Beobachter in eines jener Gespräche, die vom wummernden Bass im Keim zu ersticken drohen. Als Vera vom Frischmachen zurückkommt, ist Dani weg: den tanzenden Freund nach Hause bringen.

«Am Sonntag rief mich mein Kollege an und sagte mir, er habe meine Nummer an Vera weitergegeben.»
Dani, zukünftiger Mann von Vera

Romantik und so

Das Gespräch wird unterbrochen, die «Liebelei für zwei» kommt. Eine vier Stockwerke hohe Etagere mit allem, was zu einem üppigen Brunch dazugehört und vielem mehr. Mit einem Glas Prosecco stossen wir auf die Zukunft an. Dank weiblicher Initiative haben sich die beiden später wieder getroffen. Dani erinnert sich: «Am Sonntag rief mich mein Kollege an und sagte mir, er habe meine Nummer an Vera weitergegeben. Da wir im Club kaum miteinander gesprochen hatten, dachte ich zuerst, sie meine einen anderen und alles sei ein Missverständnis.» Das Kennenlernen dauerte weitere acht Monate, bis einstimmig beschlossen wurde, ein Paar zu sein. Vera lacht: «Zu Beginn hatten wir gar keine Schmetterlinge im Bauch, es war recht unromantisch.» Der Romantikpegel stieg in den folgenden Monaten jedoch stetig an und erreichte seinen Höhepunkt in der Silvesternacht 2016.

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Für Dani war schon länger klar, dass er seine Frau fürs Leben gefunden hatte. So plante er einen Antrag im Wald, Silvesterfeuerwerk inklusive. Selbst mit verbundenen Augen auf einer Bank sitzend, ahnte Vera nichts. Erst als der kühle Nachtwind die Rechaudkerzen fortlaufend ausblies, welche Dani eigentlich in ein leuchtendes Herz verwandeln wollte, horchte sie auf. Leises Schimpfen verriet ihr, dass etwas wirklich Wichtiges im Gange sein musste. Nicht mit dem Läuten der Silvesterglocken, sondern etwas verspätet, folgte dann der Ring.

Ich und du

Und nun wird im September also geheiratet. Vera freut sich: «An den Tischen, welche sich in den unterschiedlichen Räumen befinden, werden jeweils zwei Plätze frei sein – damit wir bei jedem Gang woanders sitzen können.» Die heimelige Atmosphäre, die schöne Dekoration und das gute Essen seien ausschlaggebend für die Wahl der Location gewesen. Und die gemeinsame Zukunft? Im Grunde solle alles so bleiben wie bisher. Da herrscht Einigkeit. Beide haben vor der Beziehung lange alleine gelebt. Diese Eigenständigkeit pflegen sie nach wie vor sorgfältig. Lieb gewonnenes gemeinsames Leben findet jeweils sonntags statt. Dann, wenn zusammen gekocht wird: «Wir sitzen schon mal stundenlang nach dem Essen am Tisch und reden über Gott und die Welt. Unter der Woche gehen wir oft eigene Wege und gönnen uns das auch.» Jene Balance zwischen «ich und wir» sei grundlegend für die Beziehung: «Wir vertrauen uns», stellt Dani fest. Im Grunde einfach. Meine Frage, warum im «Tisch und Bar» gefeiert wird, ist beantwortet. Und ich habe vieles mehr erfahren: zwei Geschichten, die zu einer werden und doch eigenständig bleiben. Ein schönes Rezept für das gemeinsame Glück.

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